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„Ab morgen mach ich Ernst!"

Eine Kritik zum Film “Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”

Der 1981 erschienene Film „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ zeigt die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens und ihren Absturz in die Drogensucht. Er ist die eindrucksvolle Verfilmung zum gleichnamigen Buch aus dem Jahr 1978. Nach einer wahren Begebenheit erzählt er die tragische Geschichte von Christiane Felscherinow und zeigt, auf beeindruckende Art und Weise, das hässliche Gesicht von Drogenkonsum.


Berlin - Mitte der 1970er Jahre. Die 13-jährige Christiane lebt zusammen mit ihrer Mutter in einer Hochhaussiedlung im Stadtteil Neukölln. Christiane will raus aus dieser grauen, tristen Welt und so nimmt ihre Freundin Kessi sie mit in die Diskothek „Sound“. Schon bei ihrem ersten Besuch kommt sie mit Drogen in Kontakt und trotz ihrer anfänglichen Abneigung „schmeißt“ sie ihren ersten Trip. Was mit Pillen beginnt, fängt ganz schnell an in Richtung harte Drogen abzurutschen. Im „Sound“ lernt Christiane Detlef kennen und verliebt sich in ihn. Detlef nimmt H, besser bekannt als Heroin. Christiane verurteilt ihn dafür. Aber trotz des Rats ihrer Freunde, nicht damit anzufangen, obwohl sie selbst alle Heroin nehmen, beginnt auch Christiane kurz darauf mit dem Konsum. Zunächst schnupft sie nur, doch bald darauf setzt sie sich ihren ersten Schuss. Sie kommt mit Detlef zusammen und wird, genau wie er, süchtig. Es folgt ein Absturz in die Drogensucht, bis sie schließlich, um ihre Abhängigkeit zu finanzieren, mit 14 auf den Kinderstrich am Bahnhof Zoo geht.


Die Geschichte von Christiane F. zeigt auf erschreckende Weise wie leicht eine Drogensucht entstehen kann und wie diese in eine nie endende Abwärtsspirale führt. Zu keiner Zeit scheut sich der Film die harte Realität der Drogensucht abzubilden. Wenn Christiane vor ihrem ersten Mal Heroin sagt: „Ich mach das einmal und dann ist Schluss. Ich hab’ mich da völlig unter Kontrolle“, schenkt man ihr von Anfang an keinen Glauben und möchte sie davor warnen, genau wie ihre Freunde es machen. Es fängt harmlos an, wenn Christiane Detlef zunächst noch auf dem Strich besucht, um ihm Kuchen zu bringen. Doch kurze Zeit später findet sie sich selbst dort wieder.

Ein kalter Entzug zeigt, wie schwer es ist, der Sucht zu entkommen. Diese krassen Szenen haben eine abschreckende Wirkung auf die Zuschauer. Das so ein Entzug allein nicht immer die Lösung ist, zeigt sich, wenn die beiden, trotz der Begeisterung ihrer Freunde für diese Leistung, an ihrem ersten “cleanen” Tag sofort rückfällig werden - im Glauben sie wüssten ja wie man davon wieder wegkommt. Ein einziger Schuss als eine Art Belohnung für die Qualen des Entzugs. Diese jugendliche Naivität und der Leichtsinn führen sie zurück in die Sucht. Ein Zitat von Christianes Freundin Babsi fasst das Schicksal dieser Sucht ganz gut zusammen: “Ab morgen mach ich ernst!”, sagt sie und meint damit, dass sie mit den Drogen aufhören will.Noch ein letzter Schuss vorher. Aber je öfter man sich das sagt, desto tiefer rutscht man in die Abhängigkeit. Und Babsis Schicksal zeigt, dass, wenn man an diesem Punkt ist, es schon zu spät sein kann.


Der Film lebt nicht allein vom Thema, sondern bekommt erst durch die authentischen Darstellungen der Charaktere sein zunächst erschreckend wirkendes Gesicht. Natja Brunkhorst als Christiane und Thomas Haustein als Detlef spielen ihre Rollen glaubhaft und echt. In manchen Szenen fühlt man mit ihnen, zum Beispiel während des kalten Entzugs, wenn man sie bei ihrem Leiden begleitet.

Untermalt wird das ganze durch einen gelungenen Soundtrack mit Songs von David Bowie, der selbst auch im Film vorkommt. Die Klassiker “Heroes” und “Look Back in Anger” greifen die allgemeine Stimmung des Films gut auf. Regisseur Uli Edel schafft es, die Zuschauer mit Authentizität zu überzeugen und sich vollends auf den Film einzulassen.


Das Schicksal von Christiane F. ist ein tragisches. Aber es ist kein Einzelfall. Als das Buch 1978, verfasst von den Stern-Reportern Kai Hermann und Horst Rieck, erschien, schockierte es ganz Deutschland. Auch der Film schafft das – wenn es auch vor 40 Jahren vermutlich deutlich mehr der Fall war als es das heutzutage ist. Im vergangenen Jahr wurde die Geschichte im Serienformat auf Amazon Prime Video noch einmal neu verfilmt.


Auch wenn nicht jede:r, die:der Drogen konsumiert, das Schicksal von Christiane F. teilen wird, so werden in diesem Film die Abgründe aufgezeigt, zu denen Drogen führen können. Sucht, Abhängigkeit, Wut, Verzweiflung, Prostitution, Tod. Der Film scheut sich nicht, ernste Themen und Emotionen anzusprechen und sie zu zeigen. Er schockiert und beeindruckt gleichermaßen. Trotz seiner mittlerweile 40 Jahre, weiß er immer noch zu überzeugen und auch wenn sich einiges verändert haben mag, so hat sich eines nicht verändert: Eine Drogensucht kann jede:n treffen und egal wie normal Drogen im Alltag erscheinen mögen, die Abgründe, die sie mit sich bringen können, bleiben die gleichen wie vor 40 Jahren.



| von Johannes Kunath

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