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Die Betrachtung der Gesamtheit

Aktualisiert: 22. Feb. 2022

Sucht und Wissenschaft


Um Sucht zu verstehen und zu überwinden, müssen wir uns mit Abhängigkeiten beschäftigen. Abhängigkeiten sind ein Bestandteil unseres Lebens. Unsere ersten Abhängigkeitsverhältnisse beginnen innerhalb der familiären Strukturen und den sozialen Gefügen, die uns in unserer Kindheit umgeben.


Erst mit der Zeit entwickeln wir das Potenzial, bewusst eigene Entscheidungen zu treffen und uns außerhalb unserer bislang bekannten Strukturen zu bewegen. Zu dieser Phase haben sich jedoch schon einige wesentliche Prägungen verfestigt.


Multifaktorielle Wirkungen

Hier setzt das multifaktorielle TRIAS-Modell von Kielholz und Ladewig aus dem Jahr 1973 an. Es ist eines der im Suchthilfesystem implementierten Modelle zur Erklärung einer Suchtentwicklung. Demnach entstehen Abhängigkeitsverhältnisse aus einem Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren aus unterschiedlichen Bereichen.


„Das Modell regt an, ein grundlegendes Verständnis über Suchtentstehung zu entwickeln sowie sie als mehrdimensionales und beeinflussbares Konstrukt zu begreifen. Es findet in der heutigen Fortbildungs- und Beratungspraxis fortwährend Anwendung.“

ginko Stiftung für Prävention



Eigene Verhaltensweisen verstehen


Im TRIAS-Modell stehen die Faktoren – Mensch, Mittel und Milieu – in einem „Wechselwirkungsverhältnis, in dem Subjekte biographisch und situativ motivierte Entscheidungen treffen. Süchtiges Handeln ist eine von mehreren Phasen mit fließenden, einander überlappenden Übergängen in diesem Prozess, der eine Vorgeschichte hat und insgesamt aus Einstieg, Fortsetzung und Gewöhnung, Sucht sowie Ausstieg besteht.“


„Im Rahmen der Rückfallprophylaxe kann das TRIAS-Modell erneut Anwendung finden, um vorhandene Ressourcen ungünstigen Wirkmechanismen gegenüberzustellen.“

ginko Stiftung für Prävention



Um sich von einer Abhängigkeit zu lösen und nachhaltig einem Rückfall oder einer Suchtverlagerung vorzubeugen, können so Stück für Stück die Wirkungen der Faktoren aufgearbeitet werden:


„Durch verständliche Wirkmechanismen ist es Ratsuchenden möglich, die eigene Suchtgeschichte zu überprüfen, anzunehmen und als Teil der Lebensgeschichte zu begreifen. Das Verständnis für die eigenen Copingstrategien bildet die Basis für eine Veränderungsbereitschaft der betroffenen Person. Das TRIAS-Modell ist mit unterschiedlichen Gesprächs- und Therapiestrategien kombinierbar. Dadurch bleibt die Flexibilität der Beratung und die aktive Beteiligung der Ratsuchenden erhalten.“

ginko Stiftung für Prävention



Das TRIAS-Modell fungiert demnach als Ansatz, um unsere eigenen Abhängigkeitsverhältnisse nachzuvollziehen „und lässt sich auch als Erklärungsmodell für nicht abhängige problematische Konsumformen anwenden.“ Gerade, weil Suchtpotenziale und Abhängigkeitsverhältnisse oft unbewusst immer Teil unserer Lebensrealität waren, fällt es uns oft schwer wahrzunehmen, welche davon uns selbst betreffen könnten und eine gefährdende Abhängigkeit entwickelt sich häufig unbemerkt.

Mit dem TRIAS-Modell können wir langfristig bewusste und gesunde Strukturen entwickeln, die gelöst sind von persönlichen Einflussfaktoren, gefährdenden Abhängigkeitsverhältnisse und Suchtentwicklungen.



Erklärung des TRIAS-Modells:


Der Faktor: Mensch

Eine Betrachtung der Abhängigkeit in Bezug auf uns selbst lässt sich mit verschiedenen Merkmalen untersuchen:

Unsere körperliche Verfassung gibt Aufschluss auf Aspekte wie Verträglichkeit von Suchtmitteln und Nebenwirkungen. Unsere Persönlichkeit ermöglicht ein Verständnis für unser Selbstwertgefühl, unsere Alltagsstrategien, unseren Umgang und unsere

Einstellung gegenüber Suchtmitteln. Eine Analyse unseres Lebensverlaufs und die Einordnung von Ereignissen ermöglicht es, durch Trauer, Verlust und Ängste nicht in eine Abhängigkeit zu geraten. Wenn uns Konfliktlösungen schwerfallen, entwickeln wir deutlich häufiger eine physische und/oder psychische Sucht.


Der Faktor: Mittel

Die konsumierte Substanz kann einen erheblichen Einfluss auf die Suchtentstehung und Abhängigkeit haben. „Je leichter zugänglich eine rauscherzeugende Substanz ist und je geringer die Kosten, umso höher ist die Gefahr einer Abhängigkeitsentstehung. Während Heroin oder Kokain nur illegal am Schwarzmarkt zu bekommen sind, werden Alkohol und Nikotin legal in ganz Deutschland verkauft – der Zugang ist demnach wesentlich direkter, was das Suchtpotenzial erhöht.“


Der Faktor: Milieu

Wie oben erwähnt, sind die sozialen Gefüge, in denen wir uns befinden, ein potenzieller Bestandteil unserer Neigung zu Suchtmitteln. Wie unser Umfeld Substanzen bewertet und selbst konsumiert, kann unser eigenes Verhalten beeinflussen und eine Abhängigkeit begünstigen. Ein anderer Blick auf den Faktor Milieu ist unsere Integration: Wenn wir einen erfüllenden Beruf, ein aktives Freizeitleben und einen sozial stabilen Rückhalt haben, entwickeln wir wesentlich weniger gefährdende Abhängigkeiten. Die ginko Stiftung für Prävention unterstützt die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. In ihrer Arbeit geht es um Konflikt-, Leistungs- und Belastungsfähigkeit, Kreativität und Durchhaltevermögen. Mithilfe von Materialien und Bildungsstrukturen unterstützen sie die Grundlage für ein suchtfreies Leben.

| von Cara Buchborn

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